Zurück aus Irland

Version 2Wie im letzten Beitrag angekündigt, habe ich mich auf meiner Reise nach Irland nicht nur auf die Spuren bekannter, sondern auch auf die Suche nach „neuen“ Autorinnen gemacht. Ich bin fündig geworden, wenn auch etwas anders als erwartet. Zunächst habe ich mich in einer Filiale der Buchhandelskette Eason in Galway umgesehen. Dort stehen vor allem Taschenbücher in den Regalen, daneben gibt es auch eine gut sortierte Schreibwarenabteilung. In der ChickLit-Abteilung war ein für mich neuer Name an prominenter Stelle vertreten: Emma Hannigan. Ihr erst im Frühjahr 2018 erschienener jüngster Roman Letters to my Daughters wird leider auch ihr letzter bleiben, denn sie ist im März dieses Jahres an Krebs gestorben. Emma Hannigan war nicht nur Romanschriftstellerin, sie hat ihre Gedanken ab 2010 auch auf ihrem Blog geteilt und dabei ihren Kampf gegen die Krankheit und vor allem ihren unnachgiebigen Optimismus dokumentiert.

IMG_3041Letters to my Daughters ist die Geschichte dreier Schwestern, Beatrice, Jeannie und Rose Brady, alle um die 40, bildhübsch, beruflich erfolgreich und ohne finanzielle Sorgen. Nur die Beziehung zu ihrer Mutter Martha ist keine Erfolgsgeschichte. Während Martha ganz in ihrem Beruf als Hebamme aufgeht und für ihre Klientinnen viel Geduld und Verständnis aufbringt, verhält sie sich ihren Töchtern gegenüber ganz anders. Ohne ihr Kindermädchen Nanny May hätten die Schwestern keine Geborgenheit erlebt. Als Nanny May stirbt, beginnen alle, ihr Leben neu zu überdenken und zu ordnen.   Ich habe den Roman noch auf dem Heimflug zu lesen begonnen und war ständig hin- und hergerissen. Es ist der Autorin gelungen, die Handlungsmotive aller Beteiligten deutlich zu machen und die Geschichte so zu konzipieren, dass sie zu einem glaubwürdigen, nicht allzu vorhersehbaren Ende kommt. Der Spannungsaufbau hat gereicht, mich bis zum Schluss durchhalten zu lassen, der Weg dort hin war aber oft mehr als nur holprig, mit unlogischen und unglaubwürdigen Reaktionen der handelnden Personen und zahlreichen Dialogen, die in der Realität nie und nimmer so ablaufen würden. Das Buch hat auf mich unfertig gewirkt, und das ist es wohl auch. Wenn Emma Hannigan Zeit geblieben wäre, ihre Geschichte zu überarbeiten, wäre das Ergebnis sicher ein toller Roman geworden. Schade.

wiewirwarenEin weiterer Name, dem ich auf meinen Exkursionen durch die Buchhandlungen immer wieder begegnet bin, ist Sinéad Moriarty (nicht zu verwechseln mit der australischen ChickLit-Autorin Liane Moriarty). Nach meiner Rückkehr habe ich herausgefunden, dass die deutsche Übersetzung eines ihrer jüngsten Romane, The Way We Were (Wie wir waren)erst heuer bei Piper erschienen ist, und die Geschichte klingt interessant: Alice‘ Mann Ben war Mitarbeiter bei Ärzte ohne Grenzen, aber nach einem Überfall auf sein Team wurde er für tot erklärt. Unmittelbar bevor Alice wieder heiraten möchte, meldet er sich telefonisch.

Photos.appDer dritte für mich neue Name ist Sam Blake. Hinter diesem Pseudonym versteckt sich Vanessa Fox O’Loughlin, Gründerin von writing.ie, einem online-Magazin für Schriftsteller*innen und alle, die es werden wollen. Bevor O’Loughlin eine ausgedehnte Segeltour ihres Ehemanns dazu nutzte, ihren ersten eigenen Roman zu schreiben, war sie schon Geburtshelferin für zahlreiche Bestseller anderer Autor*innen gewesen, sie sollte also wissen, wie es geht. Die Kenntnis des Marktes ist wohl auch der Grund dafür, dass sie sich, ähnlich wie die österreichische Krimiautorin  Daniela Larcher alias Alex Beer einen männlich klingenden Namen zugelegt hat, um eine Krimiserie zu veröffentlichen. Aber anders als bei Alex Beer steht bei Sam Blake eine weibliche Ermittlern im Zentrum: Detective Garda Cathy Connolly muss im ersten Teil Little Bones  eine ungeplante Schwangerschaft in ihr Leben integrieren und gleichzeitig einen Fall lösen, der mit dem Fund von Babyknochen beginnt. Meine Besprechung des Krimis gibt es hier.

Dalkey HousesAuf Sam Blake aufmerksam gemacht hat mich die Verkäuferin von The Gutter Bookshop, einer kleinen Buchhandlung in Dalkey. In diesen Vorort von Dublin, etwas südlich davon am Meer gelegen, war ich vom James Joyce Tower aus gewandert, um den Heimatort von Maeve Binchy zu erkunden und mir einen Eindruck davon zu verschaffen, wie und wo die 2012 verstorbene ChickLit-Autorin gelebt hat. Dalkeys Idylle passt perfekt zum Heile Welt-Image der Schriftstellerin, die von sich  augenzwinkernd gesagt hat, sie habe eine äußerst glückliche Kindheit erlebt, und das sei eine schlechte Voraussetzung, um eine erfolgreiche Schriftstellerin zu werden.

Natürlich findet man im Gutter Bookshop eine umfassende Auswahl von Maeve Binchys Romanen, die, so die Buchhändlerin, vor allem von amerikanischen Tourist*innen immer noch sehr gerne gekauft werden. Auch ich habe zwei davon erstanden: Tara Road und Heart and Soul waren unter den insgesamt 11 kg Büchern, die ich per Post aus Irland nach Wien schicken ließ, für Nachschub für diesen Blog ist also gesorgt.

 

 

 

2 Gedanken zu “Zurück aus Irland

  1. Das ist doch beruhigend, auch für uns, dass dir der Lesestoff nicht ausgehen wird 🙂
    Ich hätte jetzt glatt Lust, mal wieder einen Binchy-Roman zu lesen. Ist schon Jahre her. Ich hatte sie gar nicht unter Chick Lit abgespeichert, da gibt es doch viel plattere Frauenliteratur als Binchy. Aber wie gesagt, meine Eindrücke sind schon ein bisschen neblig.
    Jedenfalls viel Spaß beim Lesen.
    LG Anna

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    • Vielen Dank! Ich habe bisher noch keinen einzigen Binchy-Roman gelesen, nur einige ihrer Kolumnen. Bin schon gespannt und werde natürlich berichten 🙂 Die Hauptmotivation für meinen Blog ist ja gerade, zu zeigen, dass ChickLit nicht notwendigerweise platt sein muss. Es gibt viele gute Frauenromane, nur finden muss frau sie.

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